17
August
2021
|
10:00
Europe/Amsterdam

"Es ist die Bühne der Studierenden"

Covestro-Mitarbeiter Sönke Ibs wurde von der Non-Profit-Organisation Enactus als "Business Advisor of the Year" ausgezeichnet.

Zusammenfassung

Sönke Ibs hat in seiner Karriere schon einiges erlebt. Nach dem Start seiner beruflichen Laufbahn 1995, ist Ibs 2001 zu Bayer gekommen. Nach seinem Einstieg im Bereich der Planung von elektrotechnischen Anlagen folgten Stationen in der Energiewirtschaft sowie Wartung und Instandhaltung in der Produktion. Auch ein mehrjähriger Auslandsaufenthalt in China gehörte dazu – unter anderem als elektrischer Bereichsleiter für die dortige MDI Anlage. Seit 2018 ist Ibs zurück in Leverkusen bei Covestro. Hier arbeitet er seitdem im technischen Audit. Zudem engagiert sich Ibs ehrenamtlich für die Non-Profit-Organisation Enactus. Dafür wurde er jetzt als „Business Advisor of the Year“ ausgezeichnet. Im Interview erklärt er, wie es dazu kam und was dahinter steckt.

Verfasst von: Svenja Paul

Herr Ibs, Sie wurden dieses Jahr als „Business Advisor of the Year“ ausgezeichnet. Was darf man sich darunter vorstellen?

Vielleicht kurz zum Einstieg: Mein Engagement für Enactus hat bereits 2014 begonnen, während ich für Bayer in Shanghai gearbeitet habe. Enactus ist eine internationale Organisation, die in 37 Ländern aktiv ist. Mehr als 75.500 Studierende engagieren sich, finden sich in Teams zusammen und realisieren Projektideen. Übergeordnetes Ziel dieser Projekte soll es sein, die Lebensverhältnisse von Menschen weltweit zu verbessern. Damals wurden Juroren für den Regional und National Cup in China gesucht. Das sind jährliche Veranstaltungen, auf denen die Teams zusammentreffen, um sich auszutauschen, zu netzwerken und vor allem ihre Projekte vor einer Jury zu präsentieren. Ich habe mich dann auf eine Bayer-interne E-Mail als Juror gemeldet. Ein paar der Projekte, die dort vorgestellt wurden, haben mir auf Anhieb so gut gefallen, dass ich den Studierenden meine Unterstützung angeboten habe. Als ich dann wieder in Deutschland war, habe ich herausgefunden, dass Covestro Deutschland ebenfalls mit Enactus kooperiert. Und so habe ich auch von hier aus weitergemacht und unterstütze die jungen Start-ups seither als Mentor von Unternehmensseite – also als „Business Advisor“. Dieses Jahr wurde ich dafür ausgezeichnet.

Herzlichen Glückwunsch! Wie sieht die Arbeit als Business Advisor genau aus? Gibt es bestimmte Eigenschaften, die man mitbringen sollte?

Vielen Dank! Grundsätzlich würde ich sagen, dass man – wie jeder Consultant oder Advisor – den Willen und den Spaß haben sollte, sein Wissen offen zu teilen. Man muss seine Fähigkeiten kennen und wissen, wie man sie gewinnbringend für die Projekte einsetzt. Genauso gehört es dazu, sein Team in schwierigen Situationen zu motivieren. Gleichzeitig sollte man sich aber auch zurücknehmen können. Es ist nicht meine Bühne, sondern die Bühne der Studierenden. Zusammengefasst: Da sein, wenn es drauf ankommt, aber den Mund halten, wenn es nicht notwendig ist. Wenn man das verinnerlicht, kann es sehr gut funktionieren.

Im Endeffekt sind es ja die Studierenden, die entscheiden, ob sie mit einem Advisor zusammenarbeiten wollen oder nicht. Aber ich kenne keine Gruppe, die Nein sagen würde, wenn sich jemand mit ehrlichem Interesse anbietet.

Man muss da sein, wenn es drauf ankommt, aber den Mund halten, wenn es nicht notwendig ist.
Sönke Ibs - Technical Audit bei Covestro

Das klingt danach, als würde man als Advisor auch selbst eine Lernkurve haben? 

Ja, absolut. Es gibt einiges, das ich selbst dabei lerne. Ein Beispiel: Für die Vorbereitung zum National Cup 2021 haben mich Studierende aus Aachen um Feedback zu ihrer Präsentation gebeten. Mit dem Projekt hatte ich eigentlich nichts zu tun. Ich habe vorgeschlagen, das Ganze poppiger und bunter zu gestalten – ein bisschen „lauter“ zu werden. Aber ich habe dabei verstanden: Darum geht es eigentlich überhaupt nicht. Es geht darum, ein Projekt so darzustellen, wie es tatsächlich gewesen ist. Auch mit Fehlern, die man auf seinem Weg gemacht hat. Auf diesem Weg koppelt man sich an die Jury und nimmt die Juroren mit auf die eigene Reise. Die Erkenntnis habe ich dann gleich mit dem Team geteilt.

Wie darf man sich die Arbeit rein organisatorisch vorstellen – auch mit Blick auf die zeitliche Komponente?

Das lässt sich gar nicht so genau festmachen. Es kostet pro Woche in etwa ein bis zwei Stunden, das kann man sagen. Natürlich gibt es auch Zeiten, in denen es mal mehr oder weniger Zeit in Anspruch nimmt. Als potenzieller Advisor geht man grundsätzlich erst einmal in ein Projekt rein und schaut, ob es interessant ist. Danach richtet sich auch die Zusammenarbeit mit dem Team. Was die Studierenden vielleicht nicht unbedingt brauchen, ist jemand, der nur ein oder zweimal im Jahr mit einer ellenlangen E-Mail aufploppt, in der lediglich steht was alles falsch läuft.

Für mich hat sich als perfekt herausgestellt, wenn ich regelmäßig bei den Projekttreffen der Studierenden dabei bin und ein Angebot mache: Habt ihr in eurem Prozess daran gedacht? Oder: Hier könntet ihr folgendes tun. Relativ häufig sieht man Advisor, die akribisch vorgeben wollen, wie ein Projekt laufen soll. Aber so funktioniert das nicht. Die Studierenden wollen selbst Erfahrungen und ihre eigenen Fehler machen. Wenn man sie aber auf ihrem Weg begleitet und sagt: So, jetzt schubse ich dich mal in diese Richtung oder gebe einen Tipp in die andere, das funktioniert in meinen Augen am besten.

Nehmen Sie bei den Projekten auch für sich selbst etwas mit?

Bei Enactus ist es wie in allen Ehrenämtern: Man macht es, weil es einem selbst auch etwas gibt. Die Arbeit mit den Studierenden macht mir sehr viel Spaß. Und natürlich ist es auch schön, das Feedback zu bekommen, dass meine Begleitung hilfreich ist.

Bei meinem jetzigen Projekt für Uganda zum Beispiel, da gab es ein Schlüsselerlebnis. Die Studierenden hatten Hand-und Arm-Prothesen aus dem 3D-Drucker entwickelt, um sie dort vor Ort günstig anzubieten. Wir haben dafür ein erstes Gespräch mit einem dort tätigen Arzt geführt, den wir als Partner gewinnen wollten. Während des Gesprächs wurden meine Studierenden immer leiser und unsicherer im Umgang. Ich habe gespürt, dass ihm gegenüber ein anderes, bestimmteres Auftreten nötig ist. So konnte ich das Gespräch wieder auf Spur ziehen und seine Mitarbeit sichern. Da habe ich gemerkt: Ich kann mit meinen Erfahrungen wirklich Mehrwert bringen. Ich begleite das Uganda-Projekt seit seinem Beginn. Die Studierenden waren erst vor kurzem dort und haben die ersten acht Prothesen hergestellt und an Bedürftige angepasst.

Gibt es einen Tipp, den Sie Ihren Studierenden mit auf den Weg geben, wenn es darum geht, ein Start-up zu gründen?

Ich würde darauf gern mit zwei Leitsätzen von mir antworten: Mach' nur was dir Spaß macht und: Wenn du etwas machst, mach' es zu hundert Prozent. Oder lass' es sein.

Natürlich kann man viel sagen, viel raten, aber ich glaube, wenn jemand Spaß an etwas hat, entwickelt sich automatisch eine gewisse Motivation. Motivation ist doch das erste, das uns antreibt. Es ist nicht die Angst, die ich habe, etwas falsch zu machen oder der Druck, den mein Chef auf mich ausübt. Das Beste hole ich aus mir raus, wenn ich motiviert bin.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Ibs, und viel Erfolg bei den weiteren Enactus-Projekten!

 


Um die Kooperation mit Enactus und Covestro geht es auch im Home Office Talk mit Klaus Peter Meier, dem Präsidenten von Enactus Germany, und Hanno Brümmer von Covestro: https://www.youtube.com/watch?v=Aa63aJxVjog

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