22
April
2024
|
10:00
Europe/Amsterdam

Was uns der Earth Day lehrt: Plastik effizienter nutzen und mehr recyceln

Written by: Ralph Schneider
Zusammenfassung

Der Earth Day erinnert uns daran, was mit Plastik besser laufen könnte: Wir brauchen dringend eine effektive Kreislaufwirtschaft, um das globale Müllproblem in den Griff zu bekommen. Dazu müssen wir Produkte von Anfang an dafür konzipieren. Was wir nicht brauchen, ist weniger Plastik.

Letztes Wochenende habe ich an einer Müllsammel-Aktion am Rheinufer gleich in der Nähe meines Wohnortes teilgenommen. Wir waren zwar erleichtert, dass das Müllaufkommen nicht so schlimm war, aber was wir vorfanden, war dennoch ernüchternd: viele Einweg-Einkaufstüten, ein weggeworfener Schuh, ein Schüttgutsack, Seile, Verpackungsmaterialien... Die Sammlung hat gezeigt, wie anfällig unsere Gewässer für die Verschmutzung durch Dinge sind, die aus Kunststoffen hergestellt werden.

Vom Ufer aus betrachtet ist der Fluss wie ein Mikrokosmos der umfassenderen Krise. So wie diese weggeworfenen Gegenstände einen Teil des Rheins verschmutzt haben, wird die Umwelt unseres Planeten ständig von Kunststoffen überschwemmt, die dort landen, wo sie nicht hingehören. Daran erinnert der heutige „Tag der Erde“, besser bekannt als „Earth Day“. Die Gründe dafür sind vielschichtig, und um sie anzugehen, bedarf es einer Vielzahl von Aktionen.

Kunststoffe selbst sind jedoch nicht das Grundproblem. Im Gegenteil, sie sind Materialien, die wir für eine nachhaltige Zukunft brauchen. Was verbessert werden muss, ist die Art und Weise, wie wir Kunststoffe nach ihrem ersten Gebrauch handhaben.

Ich freue mich, dass diese kritischen Themen auf internationaler Ebene angegangen werden: Vor zwei Jahren haben die Vereinten Nationen einen Prozess angestoßen, um ein verbindliches globales Abkommen zur Beendigung der Plastikverschmutzung zu entwickeln. Nun findet die vierte Verhandlungsrunde ("INC-4") vom 23. bis 29. April in Ottawa, Kanada, statt. Und die Hoffnungen sind groß, dass bis Ende dieses Jahres eine Einigung erzielt werden könnte, die 2025 in Kraft treten soll.

Aber eine Sache beunruhigt mich an der aktuellen Entwicklung wirklich: Verschiedene Interessengruppen versuchen, zu restriktive Maßnahmen in die Verhandlungen aufzunehmen und plädieren dafür, den Plastikverbrauch auf breiter Front stark einzuschränken. Ehrlich gesagt wäre das ein Fehler.

Es ist nicht nur so, dass wir auf Kunststoffe angewiesen sind, um den globalen grünen Wandel voranzutreiben. Elektromobilität, nachhaltiges Bauen, Windräder, Solaranlagen und viele weitere Anwendungen würden ohne sie nicht funktionieren. Außerdem haben Kunststoffe in vielen Fällen einen geringeren ökologischen Fußabdruck als alternative Materialien und sind oft die nachhaltigere Wahl. Eine aktuelle Studie der University of Sheffield ergab, dass einige Ersatzstoffe im Vergleich zu Kunststoffen tatsächlich zu höheren Treibhausgasemissionen beitragen können.

Stellen Sie sich vor, dieser spezielle Schüttgutsack, den ich gefunden habe, wäre eine Kiste oder ein Behälter mit einem Fassungsvermögen von 1000 Litern aus Holz, Stahl oder Aluminium! Es stimmt, dass solche starren Alternativen weniger anfällig dafür wären, von den Elementen mitgerissen zu werden, wenn sie unsachgemäß gelagert oder verstaut werden. Allerdings wären sie auch deutlich schwerer und würden allein für den Transport mehr Material und Energie benötigen. Abhängig von den Inhalten und Kräften, denen sie von außen ausgesetzt wären, könnten sie auch anfälliger für Brüche oder Undichtigkeiten sein.

Die Vision muss darin bestehen, möglichst wenig neue und recycelte Ressourcen zu verbrauchen. Aber das Wachstum der Weltbevölkerung und des Wohlstands machen es schwer. Insgesamt weniger Plastik zu produzieren und zu konsumieren, wie es die Botschaft zum „Earth Day“ nahelegt, ist nicht der richtige Ansatz. Stattdessen müssen wir nachhaltig produzierte Kunststoffe in geeignete Anwendungen lenken und die Wiederverwendung und das Recycling durch eine umfassende Kreislaufwirtschaft maximieren. Dazu müssen wir von Anfang an Produkte dafür entwickeln. Dies minimiert unnötigen Abfall und hält neue Ressourcen im Boden. Das kann gelingen, indem wir bereits Bestehendes immer wieder im Kreis führen.

Während in dieser Woche die „INC-4“-Verhandlungen starten und heute der „Earth Day“ mit verschiedenen Veranstaltungen begangen wird, hoffe ich darauf, dass alle Parteien eine nuancierte, evidenzbasierte Sichtweise einnehmen. Kunststoffe sind nicht per se der Feind – sie sind Teil der Lösung, wenn sie im Rahmen der Kreislaufwirtschaft verantwortungsvoll hergestellt und verwendet werden. Die Einbeziehung von Daten aus der realen Welt über Expositionspfade und Auswirkungen auf den Materiallebenszyklus ist von entscheidender Bedeutung.

So wichtig einzelne Aufräumaktionen wie die entlang des Rheins auch sind – nur wenn wir das Gesamtbild sehen und angehen, können wir den "Hahn" zudrehen, der unseren Planeten verschmutzt. Vielleicht sollte jeder Tag der „Tag der Erde“ sein.

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